Weihnachten an der Atlantikküste im nordöstlichen Zipfel Brasiliens: Frieren braucht hier niemand. An Heiligabend wird das Thermometer in der Weihnachtsstadt Natal bei einer sanften Brise vom Meer wohl wieder um die 26 Grad Celsius anzeigen – wie an jedem anderen Abend in dieser Jahreszeit.
Im Tourismusprospekt steht: Der Himmel über Natal ist der blaueste in ganz Brasilien. Nirgendwo sonst soll das Meer grüner, das Wasser wärmer, der Sand weißer und die Brise, die vom Atlantik her weht, erfrischender sein. Die Luft hier ist – gemäß einer Studie der US-Weltraumbehörde Nasa – die reinste auf dem ganzen amerikanischen Doppelkontinent. Natal empfiehlt sich als „Cidade do Sol“ (Sonnenstadt)und verspricht nahezu 300 Sonnentage pro Jahr.
Begeistert von dieser Küste zeigte sich bereits der Entdecker Amerigo Vespucci. Der Italiener war nach stürmischer Irrfahrt 1501 nördlich des Rio Grande do Norte gelandet. Später schrieb er: „Welch ein gesegnetes Land! Falls es ein Paradies auf Erden gibt, kann es nicht weit von hier sein. Die Bäume bedürfen keiner Pflege und geben Früchte im Überfluss, das Meer ist voller Fische und die Erde unglaublich fruchtbar und strotzend vor wohlschmeckenden, unbekannten Gewächsen.“
Heute ist Natal Hauptstadt des Bundesstaats Rio Grande do Norte. In dem Ballungsraum leben mehr als eine Million Einwohner. Ihren Namen vom portugiesischen Wort für Weihnachten hat der Ort durch sein Gründungsdatum erhalten: Vor 420 Jahren gab der Administrator der portugiesischen Kolonie, Jerônimo de Albuquerque Maranhão, den Auftrag, am Atlantik eine Festung zu bauen. Als das „Forte dos Reis Magos“ errichtet war, erfolgte die Stadtgründung der „Cidade de Natal“ – am 25. Dezember 1599.
Holländische und französische Eroberer machten den Portugiesen den Küstenstreifen streitig. 200 Jahre lang dämmerte das Städtchen als kleiner, von der Welt fast vergessener Marktflecken dahin. Als der englische Reiseschriftsteller Henry Koster im Jahre 1810 hierherkam, fand er einen Ort mit kaum mehr als 600 Einwohnern vor, der im Treibsand der Dünen beinahe zu versinken drohte. Dann aber wuchs die Ansiedlung stetig – in den vergangenen Jahrzehnten beinahe explosionsartig – und wurde zur Großstadt.